Mein Reise von unkontrollierter Impulsivität zur Selbstregulation meiner Emotionen

Hier ist gespielt…

Ich bin Matthias und möchte euch in mein Inneres einladen. Damit ihr spüren könnt, wie es in mir aussieht, zeige ich mich offen und authentisch.  Ich habe für mich erkannt, das mir dies nur gelingt, indem ich meine Empfindungen im Hier und Jetzt wahrnehme. Dann ich sie wirken lassen und mir diese Gefühle zugestehen. Ob verletzt zu sein oder Dankbarkeit spüren, ob Stress oder Dynamik, alles ist für mich willkommen, alles gehört zu mir. Nur mit dieser eigenen Klarheit in mir kann ich angemessen und respektvoll mit der Welt kommunizieren und anderen auf Augenhöhe begegnen.

Es gab eine Situation mit 28, da erkannte ich plötzlich, dass die Menschen mit mir herausgefordert sind, weil ich ohne Vorwarnung von freundlich in aggressiv wechselte, meistens aus ganz kleinen Anlässen, viele würden sagen Nichtigkeiten.

Auch ich war überfordert, denn ich fühlte mich nicht verstanden, nicht gesehen oder war erschrocken oder geschockt durch akustische Überreizung.

Ich wollte etwas ändern, mit der Intention nicht mehr boshaft wahrgenommen zu werden, zu schreien, impulsiv aggressiv oder nicht emphatisch zu sein. Ich wollte lernen, angemessen zu reagieren, besonnen sein und damit auch Recht zu erhalten.

Ich habe mir eine Verhaltenstherapie gesucht, um nach den Ursachen meines Verhaltens zu forschen. Ich wollte Rückmeldungen erhalten, wie ich wirke, denn meistens war ich mir meiner Außenwahrnehmung nicht bewusst. Erst recht konnte ich die starke Ablehnung nicht verstehen. Ich empfand mein Verhalten sogar angemessen, denn immerhin war ich verletzt worden und habe mich nur verteidigt. Weiterhin habe ich diese Verhaltensstrategie von meinem Vater „gelehrt“ bekommen und kannte nichts anderes.

Mein Name Matthias stammt aus dem hebräisch und heißt übersetzt: Geschenk Gottes. Ich bin ein Geschenk meines Vaters an meine Mutter, die mich genährt und auf die Welt gebracht hat. Ich war 9 Monate umhüllt von einer vermeintlich schützenden Schale, wachsend aus dem Samen meines Vaters, der Liebe der Eltern und dem Leib und Nährstoffen meiner Mutter. Genährt wurde ich schon als Embryo von einer weiteren Energie, der ich schutzlos ausgeliefert war. Den Schreien meines Vaters, die impulsiv, energiereich ohne Vorwarnung aus ihm herausbrachen.

Mit 4 war ich mit ihm allein und bin mit runtergelassener Hose vom WC ins Wohnzimmer gekommen. Er hatte mich nicht gehört, als ich nach ihm wegen Hintern abwischen rief. Schutzlos schlug mir "Zieh die Hose hoch" entgegen.

Als Kleinkind habe ich ohne persönliche Aufmerksamkeit nie Mittagsschlaf gemacht. Meine Mutter wurde fast täglich auch in der Grundschule über meine Disziplinlosigkeit informiert. Meistens Außenseiter, nur einmalig zu anderen Geburtstagen eingeladen, wurde ich wegen meiner lauten und uneinsichtigen Impulsivität geächtet.

Ein Innehalten bei für mich überraschenden Situationen und Unverständnis kannte ich nicht. Bei vermeintlichen Angriffen äußerte sich meine Verletztheit in verbalen Wutausbrüchen. Meine Mutter appellierte in meiner Pubertät häufig: "Wenn du nicht lernst, dich zu kontrollieren, wirst du es im Leben genauso schwer haben wie dein Vater.“ Den Hinweis annehmen konnte ich, Hilfe das zu erreichen, bekam ich nicht. Die Ursachen für meine Reaktionen erkannten weder meine Umwelt noch ich.

In der Schule, bei der Marine, in der Ausbildung, im Studium, in meinen zahlreichen Jobs, bei meinen Freunden und in meinen Liebesbeziehungen rieb ich mich auf. Ich war auf das Wohlwollen meiner Mitmenschen angewiesen, damit es mir gut ging. Wenn sie meine Überforderung erkannten, meine ehrliche Entschuldigung annehmen konnten, und meine liebevollen und sympathischen Seiten überwogen, hatte ich Beziehungen.

Jahrelange Therapien kratzten nur an der Oberfläche, eine wirkliche Verhaltensänderung mit Innehalten, Durchatmen, es nicht persönlich zu nehmen, gelang mir nicht. Der Auslöser für meine Suche nach professioneller Unterstützung war die Offenbarung meiner damaligen Partnerin, dass sie und ihr siebenjähriger Sohn Angst vor mir hatten. Ich flößte Angst einem schutzlosen Kind ein. Aus dem kleinen Matthias, der Angst vor seinem Vater hatte, war ein Mann geworden, der den bösen Samen weitertrug.

Mein unbändiger Wille etwas zu ändern, brachte ich mich mit Straftätern zusammen, die ein Anti-Gewalt-Training durchstehen mussten, um nicht ins Gefängnis zu müssen. Ich war freiwillig dort, weil ich erkannte, wieviel Gewalt ich verbal und nonverbal verbreitete.

Viele Beziehungen zerbrachen, Freunde wendeten sich ab, Arbeitgeber trennen sich von mir – während ich nicht aufgab, auf der Suche nach Verbündeten für meinen Weg. Bei der Frage, was ich eigentlich fühlte, wenn ich schrie, antwortete ich immer sachlich und beschrieb das Geschehene. Meine Gefühle konnte ich nicht in Worte fassen.

Durch Meditation bin ich mittlerweile in der Lage meine Gefühle zu verbalisieren. Durch Therapeuten ist mein ADHS diagnostiziert, wo Impulsivität ein Symptom ist. Meine Verhaltensstörung von impulsivem, aggressivem Typ lässt sich medikamentös, einer Gruppentherapie und zahlreichen Erkenntnisse zähmen.

Ein Karriere-Coach offenbarte mir aus der Motivationspsychologie vier Motive, die jedes Handeln beeinflussen, bezogen auf Beziehung, Leistung, Macht und Freiheit. Unbewusst handele ich eher nach dem Freiheitsmotiv mit dem Bedürfnis nach freiem Selbstsein. Ich strebe nach Unabhängigkeit, Eigenständigkeit, Selbsterkenntnis und Selbstentwicklung. Bewusst lebe ich um Macht, Beziehung und Leistungen zu erreichen. Das kostet mich mehr Energie, weil es nicht aus mir herauskommt, sondern ich in Rolle schlüpfe.

Bei Stress und Überforderung bahnte sich die angestaute Energie unkontrolliert ihren Weg aus mir heraus. Mit dieser Erkenntnis und dem Vertrauen vielleicht bei einem Männer-Retreat eine Essenz zu finden und mich hundert Prozent darauf einzulassen, erbrachte mir die Offenbarung. Die erste und wichtigste Erkenntnis, mir fehlte männliche Nähe und Zuneigung. Vor allem darf ich mich zeigen und wirke so nahbarer und menschlicher.

Ich stehe heute vor euch immer noch als extrovertierter und impulsiver Mann. Meine Energie möchte ich nutzen, um meine Erlebnisse zu teilen und dadurch zu ermutigen, dass die Arbeit nur unter Männer ein Teil zu dir selbst sein kann.

Heute kann ich alternativ handeln und möchte anderen Männern zeigen, dass es hilft, Unterstützung zu suchen. Ich habe erlebt, wie ich mich fallen lassen kann, wie ich Schwäche gegenüber Männern zeigen kann. Meine Mission ist nicht mehr zu schreien, sondern zu atmen.

Weiterhin ist es notwendig, sich zuerst immer dem eigenen Anteil an einer schwierigen Situation gewahr zu werden. Nur mit dieser gefestigten Wahrnehmung kann ich aus mir heraus kommunizieren, wie ich auch Gefühle gesagt bekommen möchte. Daher sucht euch Unterstützung und geht den Weg nicht allein, auch wenn es scheinbar keine Aussicht auf Heilung gibt.


 
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Warum das Teilen und Zeigen von Gefühlen verbindet